Das verborgene Gesicht

Vor einer Stunde habe ich ausgesehen, als hätte es für mich keinen Anfang und kein Ende gegeben. Als wäre ich noch immer das Kind von damals. Und morgen wache ich als die alte Frau auf, die ich ein Mal sein werde und schon immer gewesen bin.
Ich habe mein Gesicht nicht sehen, meine Augen nicht begreifen können. Der Eindruck, den ich hinterlasse, ist nicht der, der sich mir ins Hirn gefressen hat. Vor einer Stunde habe ich ausgesehen, als gäbe es für mich keinen Anfang und kein Ende. Als wäre ich noch immer das Kind von damals. Und morgen wache ich auf als die alte Frau, die ich ein Mal sein werde und schon immer gewesen bin. Ich habe mein Gesicht nicht sehen, meine Augen nicht begreifen können. Der Eindruck, den ich hinterlassen habe, ist nicht der, der sich mir ins Hirn gefressen hat. Eine Form, ein Quadrat, Flecken, Puder, eine Linie über mein Gesicht, meinen Körper. Da ist keine Berührung. Da ist kein Fleisch. Ich verlange nach deinem Mund. Verfange mich in anderen Händen. Die Geräusche dröhnen durch meine Ohren gegen meinen Körper, meinen Verstand. Die Stimmen vermischen sich zu einer. Mein Kopf wird eingenommen, von innen ausgehöhlt, nach außen gedehnt, verspannt. Ich verwickle mich in deine Augen und möchte deine Haut unter meiner spüren, die Spitzen meiner Finger über deine Schulter in deinen Nacken führen, nur die Berührung, alles verschwimmen und mich darin auflösen, mich mir selbst entziehen. Mein Warten hinten angestellt. Verschlungen werden die Tage sein, wenn sie wieder da sind und bei mir bleiben können. Wenn dieser eine. Dieser Körper wieder der meine, diese Begierde wieder mein Besitz, dieses Nichtsein können ein Sein geworden, wenn das Öffnen sich wieder ergeben, wenn die Schuld nicht Schuld sondern Leben bedeutet, wenn ich neben dabei und mit, wenn ein Ich entsteht. Ich werde das Kind auf der Straße stehen, es nach Hause laufen, spielen lassen. Und allein weiter gehen. Ohne das Geschrei im Ohr. Es nun den Eltern übergeben und sie zwingen, sich um es zu kümmern und seine Eigenarten lieben zu lernen, es weiter ziehen zu lassen. Ich werde allein nach Hause gehen und Nachts die Wohnung verlassen, um diese verschlafenen, aufgerissenen Stunden nachzuholen. Als könnte sich für mich keine andere Möglichkeit ergeben. Als wäre ein Mädchen ein Mädchen. Als würdet ihr eure einfach so einpflanzen. Als wäre ein Zuspätkommen nichts anderes als früher. Woher soll sich eine Verwurzelte orientieren, wohin sich wenden und warum mit herausgerissenen dann noch weiter fliegen, wenn sowieso dieses Versteck nicht mehr geeignet, dieses Leben ein anderes und die Schulter mit Stoff verhangen alles einfach so liegen gelassen wurde. Ich werde euch hier zurücklassen müssen. Ich weiß nicht, was eure Liebe bedeutet, ich weiß nicht, wie ich dieses Aufreißen nach außen hin umkehren, nachdem es sich da innen verfranzt hat. Ich werde Lieben lernen wollen und ein großes Gesicht nicht mehr verbergen.